Sensei Meitoku Yagi

»Ich rede nicht gern über Karate«, sagte MEITOKU YAGI. Er meint damit, er spreche ungern darüber, wie man einen Gegner mit Techniken besiegt oder wie du mit Karate gewinnen kannst und ähnliches. Es war auch eine der Lehren seines Meisters, CHOJUN MIYAGI. Es wird gesagt, Sensei MIYAGI habe keine eigentliche Geschichte gehabt, in der Heldentaten des Karate vorkommen. Jeder Karateka, dessen Hände und Füße als Schwert genutzt werden könnten, sollte sich daran erinnern, was MIYAGI meinte.

MEITOKU YAGI, Chefausbilder des »Meibukan« Gojuryu Karate, wurde 1912 in Kumemura (Naha) auf Okinawa geboren, wo er auch heute lebt. Er war kein starker Junge, doch auch nicht schwach. Auf Empfehlung seines Großvaters, NOKO, fing Sensei YAGI im Alter von 13 Jahren an, Karate zu trainieren, als er den Zugang zur Mittelschule der Präfektur Okinawa erhielt. In den alten Tagen in Okinawa lernten Männer das »Te« (= Vorform des Karate). Sein Großvater nahm ihn mit zu MIYAGIs Haus. »Ich bitte Sie, meinem Enkel Karate zu lehren, er stammt von JANA OYAKATA ab«, sagte der Großvater zu Sensei MIYAGI.

Anmerkung des Übersetzers: Jana Oyakata war der höchste General des Königreichs Ryukyu (jetzt Okinawa) während der Regierungszeit durch König Shonei. Er kämpfte am erbittertsten gegen die japanische Invasion des Shimazu-Clans – einem mächtigen japanischen Samurai-Clan – der 1906 in Okinawa einfiel.

Meister MIYAGI wurde von den Leuten »Busaa Maagushiku« genannt (»Miyagi, der Karate-Experte« in okinawanischem Dialekt). Er war auch bekannt als Begründer des Gojuryu-Stils. Er entwickelte die Gojuryu-Kata Gekisai Dai ich, Gekisai Dai Ni und Tensho. Seitdem lernte YAGI Karate unter Sensei MIYAGI. Der Karateunterricht war hart. Ausschließlich die Sanchin hatte er zwei Monate lang zu trainieren, drei Monate oder auch ein halbes Jahr. »Meine Schultern waren übersät mit blauen Flecken aufgrund von Schlägen Meister MIYAGIs mit seinen Handflächen während des Übens der Sanchin«, erzählte YAGI, als er sich an das Training der Sanchin erinnerte. Sensei MIYAGI entwickelte während des Trainings der Sanchin die körperliche Stärke YAGIs wie auch seinen Kampfgeist. Er lehrte YAGI zudem den moralischen Aspekt des Karate oder auch »des Weges des Menschen« (= Moral). Dazu gibt es eine kleine Geschichte wie die folgende:

Eines Tages, während YAGI nach wie vor unter MIYAGI trainierte, ging er in ein öffentliches Bad. Dort half er einem alten Mann, seinen Rücken zu waschen. Der alte Mann sah die mit Blutergüssen bedeckten Schultern des freundlichen jungen Mannes und meinte: »Du gehst zu Sensei MIYAGIs Dojo, nicht wahr?« Er sagte außerdem: »Namanugutudo Sundoo« (»Du solltest immer freundlich zu älteren Leuten zu sein – wie zu mir eben«, in okinawanischem Dialekt) und dankte YAGI. Als Sensei MIYAGI davon hörte, besuchte er YAGI zu Hause und sagte: »Das hast du gut gemacht! Es lohnt sich, Dir Karate zu lehren.« MIYAGI war begeistert. Er lobt seinen Schüler.

»Ich bin ein gewöhnlicher Mann. Ich habe nichts Besonderes und Starkes an mir«, sagte YAGI. Das heißt, er nimmt die selbe Haltung zum Karate ein wie auch Sensei MIYAGI; Karate ist das gleiche wie Zen. Die Mottos im Meibukan – YAGIs Dojo – waren »Die fließenden Wasser eines Flusses versuchen niemals untereinander schneller zu sein als die anderen« und »Die Wahrheit des Karate existiert im Training deines Geistes und deiner Seele«.

Solche Mottos werfen bei Herrn YAGI die »Versportlichung« des Karate in Frage. Jiyu Kumte (Freikampf)-Wettkämpfe sind heutzutage sehr beliebt. Sie werden von der Japan Karate-do Federation veranstaltet. Eines Tages würde Karate eine Disziplin der Olympischen Spiele sein. Die Okinawa Karate-do Federation jedoch billigt solche Wettkämpfe nicht. Herr YAGI ist besorgt: »Wir könnten dazu neigen, die Kata nicht mehr nach okinawanischer Tradition zu üben, wenn wir Karate zu einem Sportwettkampf machen würden.«

Dies ist sein Motto bezüglich des Weges des Karate: »Wir haben nichts in unseren leeren Händen. Stark wie Stahl ist unsere Kata und das Erbe erfordert eine lange Zeit der Praxis und des Trainings. Es ist das, was Menschen nur für ihre Selbstachtung und Selbstverteidigung suchen.« Diese Phrase ist beeindruckend.

Herr YAGI eröffnete sein Dojo »Meibukan« etwa 1949 oder 1950, kurz nachdem der zweite Weltkrieg vorbei und er als Zollbeamter tätig war. Zuvor lehrte er Karate auf einem unbebauten Grundstück nahe einer kleinen Straße. Das Dojo ist nach wie vor dasselbe. Wir erinnern uns an ein Dojo aus den alten Tagen. In dem wir eine Makiwara und eine Langhantel im Hof von Herrn YAGIs zu Hause sehen.

Bemerkung: Dieser Artikel, geschrieben von einem Reporter, erschien im monatlichen Magazin »Aoi Umi«, Februar-Ausgabe 1978.

Die Übersetzung erfolgte mit freundlicher Genehmigung von Kiyotaka Yamada, welcher das japanische Original ins Englische übersetzte.
Quelle des Artikels und Fotos: Website von Herrn Yamada

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