Die Sanchin ist eine der repräsentativsten Kata des Goju-Ryu. Geschaffen von KANRYO HIGAONNA lehrte er sie seinem Schüler CHOJUN MIYAGI, dem späteren Begründer des Gojuryu.
Der Name Sanchin, bzw. Sanshin, kann folgendermaßen übersetzt werden: San steht für die Zahl »3«, Shin für »Pressen« bzw. »Heranziehen«.
Die Sanchin ist eine der grundlegenden Kata des Stils Gojuryu. Ihre Hauptaugenmerkmale liegen auf Kraft und Konzentration. Sie verlangt eine starke Muskelanspannung und den Spannungshöhepunkt bei jeder Technik.
Dazumal wurde sie mit geöffneten Händen ausgeführt. MIYAGI jedoch änderte dies und lehrte die Sanchin mit geschlossenen Händen.
In der Geschichte der Sanchin gab es im Wesentlichen zwei Veränderungen:
- Die von HIGAONNA gelehrte Form war gekennzeichnet durch eine kurze und kraftvolle Atmung. Sein Schüler MIYAGI hingegen führte eine sehr langsame und vor allem auch tiefe Atmung ein, welche einen kraftvollen Atemfluss erhalten soll. Heutzutage wird die Sanchin stets in dieser Art ausgeführt.
- Die zweite maßgebliche Veränderung liegt in der technischen Ausführung. HIGAONNAs Version war folgende: drei Schritt vor, Wendung, drei Schritt vor, Wendung, ein Schritt zurück, Rückkehr zum Musubi-Dachi (Yoi), dabei wird der linke Fuß zum Rechten gesetzt. Die Version seines Schüler war: drei Schritt vor, drei Schritt zurück und zurück in Musubi-Dachi, dabei wurde der rechte Fuß zum Linken gesetzt.
Aufgrund mehrerer Zweige des Gojuryu entwickelten sich daraus verschiedene Formen.
Die in Deutschland verbreiteteste Form, welche im Übrigen durch direkte Schüler HIGAONNAs entwickelt wurde, ist die folgende: drei Schritt vor, Wendung, ein Schritt vor, Wendung, ein Schritt vor, zwei Schritt zurück und zurück in Musubi-Dachi durch heran setzen des rechten Fußes an den Linken.
In der Ausführung der Kata ist besonders auf die korrekte Haltung (Sanchin-Dachi, aufrechte Wirbelsäule) sowie die Koordination von Atmung und Bewegung zu achten. Ebenso ist die Konzentration der Kraft im Hara (Seika tanden = Masseschwerpunkt des menschlichen Körpers, etwa drei cm unterhalb des Bauchnabels) wichtig. Trotz der Langsamkeit während der gesamten Ausführung ist ein wacher und aufmerksamer Geisteszustand aufrecht zu erhalten (Zanshin).
Die Sanchin ist eine sogenannte »Atemkata«, welche den Anschein erweckt, leicht erlernt werden zu können, doch aufgrund der inneren Komplexität kann der Schüler in seiner Ausführung der Kata nur durch einen guten Sensei vorangebracht werden.
Während des Ausholens der Technik wird eingeatmet, beim Angriff bzw. Ende der Technik erfolgt das Ausatmen. Die Einatmung erfolgt durch die Nase, das Ausatmen durch den Mund; hierbei wird das Zwerchfell abgesenkt (=Bauchatmung).
Die kontinuierliche Atmung ohne weitere Pausen wird auch als »Jusoku« (entspricht stiller, natürlicher Atmung) bezeichnet. Der Gegensatz hierzu ist das »Taisoku«, die gestoßene, unnatürliche Atmung.
MIYAGIs Kata Sanchin stellt somit das Sinnbild des »GO« im Gojuryu dar und ist zudem hervorragend für das Grundlagentraining geeignet.
Enthaltene Techniken
- Gyaku Tsuki
- Mawashi Uke
- Morote Yoko Uke
- Nukite
- Oi Tsuki
- Yoko Uke
Enthaltene Stellungen
- Sanchin Dachi
Ablauf
- Musubi Dachi
- Verbeugung
- Heiko Dachi
- rechts einen Schritt nach vorn in Sanchin Dachi, dabei Morote Yoko Uke
- Gyaku Tsuki chudan, rechter Arm verbleibt im Yoko Uke
- Yoko Uke, rechter Arm verbleibt im Yoko Uke
- links einen Schritt nach von in Sanchin Dachi, Arme verbleiben im Morote Yoko Uke
- Gyaku Tsuki chudan, linker Arm verbleibt im Yoko Uke
- Yoko Uke, linker Arm verbleibt im Yoko Uke
- rechts einen Schritt nach vorn in Sanchin Dachi, Arme verbleiben im Morote Yoko Uke
- Gyaku Tsuki chudan, rechter Arm verbleibt im Yoko Uke
- linke Faust ganz zurückziehen
- Faust unter rechten Ellenbogen schieben
- mit rechtem Fuß vornüber nach links setzen
- Wendung um 180 Grad, dabei mit linker Hand Yoko Uke
- Gyaku Tsuki chudan, linker Arm verbleibt im Yoko Uke
- Yoko Uke, linker Arm verbleibt im Yoko Uke
- rechts einen Schritt nach vorn in Sanchin Dachi, Arme verbleiben im Morote Yoko Uke
- Gyaku Tsuki chudan, rechter Arm verbleibt im Yoko Uke
- linke Faust ganz zurückziehen
- Faust unter rechten Ellenbogen schieben
- mit rechtem Fuß vornüber nach links setzen
- Wendung um 180 Grad, dabei mit linker Hand Yoko Uke
- Gyaku Tsuki chudan, linker Arm verbleibt im Yoko Uke
- Yoko Uke, linker Arm verbleibt im Yoko Uke
- rechts einen Schritt nach vorn in Sanchin Dachi, Arme verbleiben im Morote Yoko Uke
- Gyaku Tsuki chudan, rechter Arm verbleibt im Yoko Uke
- Yoko Uke, rechter Arm verbleibt im Yoko Uke
- im Stand Oi Tsuki chudan, linker Arm verbleibt im Yoko Uke
- Yoko Uke, linker Arm verleibt im Yoko Uke
- im Stand Gyaku Tsuki, rechter Arm verbleibt im Yoko Uke
- beide Hände öffnen
- in runder Bewegung beide Hände nach vorn in Nukite chudan
- beide Arme in Hikite
- mit beiden Armen Nukite chudan
- beide Arme in Hikite
- mit beiden Armen Nukite chudan
- beide Are in Hikite
- mit beiden Armen Nukite chudan
- rechts einen Schritt zurück in Sanchin Dachi, dabei Mawashi Uke mit anschließendem Shotei mit beiden Händen
- links einen Schritt zurück in Sanchin Dachi, dabei Mawashi Uke mit anschließendem Shotei mit beiden Händen
- rechten Fuß heranziehen in Musubi Dachi
- Verbeugung und Yame
Quellen: Horst Espeloer, Ulrich Heckhuis, Horst Nehm: Goju-Ryu Karate-Do – Grundlagen, Wettkampf-Training, Selbstverteidigung, Kata. Eigenverlag Espeloer, Heckhuis, Nehm, 1997, S. 164-165. | Roland Habersetzer: 39 Karate-Kata – Aus Wado-ryu, Goju-ryu und Shito-ryu. Palisander Verlag, 2010, S. 237-245. | Gerd Hahmenann: Goju-Ryu Karate-Do – Kata und Bunkai. Gerd Hahnemann – Eigenverlag, 2003, S. 13-22.| http://www.karatekata.de/goju_ryu-advanced.htm#xl_gr_Sanchin (11.10.2018) | Eigene Erfahrungen aus dem Training und von Lehrgängen
Letzte Überarbeitung: November 2018